Bei Ireen Beyer ist das Jahr 2018 mit den Vorabiturprüfungen stressig zu Ende gegangen. Weil sie auch ihre Führerscheinprüfung geschafft hat, düst sie seit Oktober 2018 durch Groß-Machnow und Umgebung. Die 17-Jährige hat sich einen Roller zugelegt.

Während Ireens Mitschüler am Fontane-Gymnasiums in Rangsdorf (Teltow-Fläming) nach Schulschluss in Richtung Bahnhof laufen oder sich aufs Fahrrad schwingen, um nach Hause zu radeln, geht die 17-Jährige zum Bereich neben den Fahrradständern.
Dort wartet bereits ihr schwarz-weiß gefärbter Stolz mit zwei Rädern. Es ist einer von insgesamt drei Rollern, die dort an einem Mittwoch im Dezember parken. Mit ihm ist Ireen oft in zehn Minuten zuhause, zurück in Groß-Machnow (Teltow-Fläming).

Das ist noch nicht lange so. „Mama, Papa, wir gucken jetzt mal nach einem Roller“, sagt die 17-Jährige an einem Sonntag im Oktober 2018 zu ihren Eltern. Ihren Führerschein mit 17 hat sie da bereits mehrere Monate in der Tasche. Die Recherche im Internet bringt sie zu der Anzeige eines Senioren aus der Nähe von Lübbenau (Oberspreewald-Lausitz), dessen schwarz-weißer Roller ihr auf Anhieb gefällt. Nach einem Anruf und einer Besichtigung vor Ort steht für Ireen fest: Das soll ihr Roller sein.

Er gehört für sie zur Vorbereitung auf die kalten Jahreszeiten, damit sie auch im Dunkeln zügig zu ihren Nebenjobs, zu ihrem Lieblingspferd D’Artagnan nach Mittenwalde (Dahme-Spreewald), zur Schule und zu den umliegenden Bahnhöfen kommt. „Es macht Spaß, damit umherzufahren und nicht auf Busfahrpläne gucken zu müssen, zumal der Bus in Groß-Machnow am Wochenende gar nicht fährt“, sagt die 17-Jährige. Sie hat sich den Roller von ihrem Ersparten selbst gekauft. „Das war ein längerer Wunsch, einen fahrbaren Untersatz zu haben“, sagt sie.

Bahnfahren bleibt erste Wahl bei längeren Touren

Dabei ist nicht nur der schwarz-weiße Roller mit dem „Maserati“-Aufkleber ein Hingucker, der schon auf der Karosserie klebt, als Ireen ihn bekommt. Mit ihrem pinken Motorradhelm erkennen sie Freunde und Bekannte oft schon aus der Ferne. „Dabei ist pink eigentlich gar nicht meine Farbe“, sagt Ireen. Die 17-Jährige hat ihn von Bekannten geschenkt bekommen. Weil er sehr gut sitzt, trägt sie ihn trotzdem: „Mit ihm fühle ich mich sicher. Da ist die Farbe auch nicht so wichtig.“

Für kleinere Touren in und um Groß-Machnow ist ihr Stolz mit zwei Rädern ihre erste Wahl. Als Mitglied im Landesschülervorstand ist Ireen aber weiterhin in ganz Brandenburg unterwegs und steuert regelmäßig die Bahnhöfe in der Nähe von Groß-Machnow an: Je nach Zielort startet die 17-Jährige entweder vom Bahnhof Bestensee, S-Bahnhof Blankenfelde, aber meist vom Bahnhof Rangsdorf.

Vor allem, um nach Berlin zu kommen. „Die Stadt ist für mich die erste Anlaufstelle, wenn ich etwas unternehmen möchte. In Rangsdorf ist eben kein Kino, kein Schwimmbad, kein Museum, kein moderner Klamottenladen, sondern nur etwas Natur und Einfamilienhäuser“, sagt die Abiturientin.

Abiturprüfungen kommen näher

Dabei ist sie oft an Wochenenden auf märkischen Schienen unterwegs, weil ihre Freunde und Verwandten im ganzen Bundesland verteilt leben. „Das macht es unmöglich, alle an einem Wochenende zu treffen. Ich muss mir jeweils Wochenenden suchen, an denen ich sie besuche“, sagt Ireen.

Das kann zu kilometerreichen Sams- und Sonntagen führen: Wenn die 17-Jährige ihre Oma in Frankfurt an der Oder besucht, sich an den Uckermärkischen Bühnen in Schwedt (Uckermark) ein Jugendtheaterstück anschaut oder zu Freunden nach Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) fährt.

Dabei neigt sich Ireens Schulzeit langsam dem Ende. Im April und Mai 2019 stehen die Abiturprüfungen an, die sie in Deutsch, Mathe und Pädagogik schreibt. „Ich habe schon angefangen, mich vorzubereiten. Deshalb bereitet mir das wenig Sorgen“, sagt sie. Danach möchte die 17-Jährige Pädagogik studieren, „am liebsten in Erfurt oder Berlin“. Auch mit einem Soziologiestudium in Potsdam liebäugelt sie.

Vielleicht nimmt sie ihren Stolz auf zwei Rädern dann mit. Das lasse sie alles auf sich zukommen, sagt die Abiturientin. Und egal, ob Roller, Bus und Bahn oder doch das Fahrrad: „Mein Lieblingsfortbewegungsmittel bleibt Dartan“, sagt Ireen Beyer. Auch, wenn sie weiß, dass das Pferd nicht an ihren künftigen Studienort mitkommen kann.

Von Fabian Lamster