Die Überfliegerin aus Potsdam
Luisa Lieske, 17 Jahre aus Potsdam: Luisa ist tiefgründig. Anders. Natürlich. Die Potsdamerin beschäftigt sich mit Themen, die viele Jugendliche in ihrem Alter kaum interessieren. Und ihre Freunde hat sie außerhalb der Schule.
Die meisten Leute in der Schule finden sie komisch, das stört sie aber nicht. Luisa Lieske ist gern anders. Zumindest anders als die meisten ihrer Mitschüler. „Was mich eher stört, ist dieses Intolerante“, sagt die 17-Jährige. „Die meisten in meinem Jahrgang zerreißen sich das Maul über Menschen, die etwas anders sind als sie.“ Luisa geht auf die Gesamtschule Peter Joseph Lenné in Potsdam und macht in zwei Jahren ihr Abitur. Sie schminkt sich nicht und trägt keinen BH. Sie ist eloquent und beschäftigt sich viel mit Politik, denkt viel nach und stellt Fragen.
Luisas Geschichte klingt wie die einer Außenseiterin. Das ist sie aber nicht. Die Schülerin ist extrovertiert, kommt schnell mit fremden Menschen ins Gespräch. „Natürlich gibt es auch Leute an meiner Schule, die cool sind und mit denen man sich unterhalten kann.“ Aber viele ihrer Freunde gehen eben nicht auf die Lenné-Schule. Sie sind in Luisas Alter oder ein paar Jahre älter. Einige studieren und andere sind viel gereist. Luisa hat sie vor knapp zwei Jahren kennengelernt. Dadurch änderte sich so einiges in ihrem Leben.
Schüchtern sein bringt nichts
Luisa hat sich seitdem noch mehr mit gesellschaftlichen Problemen auseinandergesetzt, ist inzwischen Veganerin, geht öfter auf Festivals und Konzerte und debattiert gerne mit ihren Freunden. Früher war sie schüchtern, doch die neuen Leute halfen ihr, aus sich herauszukommen. „Irgendwann habe ich aber auch selbst gemerkt, dass mir diese Schüchternheit viele Sachen verbaut und außerdem, dass mich andere Menschen meistens sehr gern mögen.“
Schon bei ihr zu Hause wurde viel diskutiert. „Ich saß immer lieber bei den Erwachsenen, wenn wir Besuch hatten. Mit anderen Kindern habe ich nicht gern gespielt“, sagt Luisa. Außerdem wurde zu Hause immer viel gelesen. „Meine Großeltern haben riesige Bücherregale, meine Mutter hat viele Bücher und so wurden mir schon als Kleinkind die Bücher in den Schoß gelegt. Meine Familie hat auch immer vorgelesen.“
Luisa gehört zu den Überfliegern
Ihr gesellschaftspolitisches Interesse hilft ihr nicht nur im Schulunterricht. Seit fünf Jahren schreibt Luisa für die Schülerzeitung, den „Lenné Überflieger“. Es fing mit dem Kurs „Junge Redakteure“ an, den sie in der siebten Klasse belegte. Aufgabe dort war unter anderem, Artikel für die Schülerzeitung zu schreiben. „Ich schreibe einfach sehr gerne und ich mag es, mich in der Redaktion ausleben zu können und Themen anzusprechen, die ich gerne ansprechen möchte.“
„Ich kann mir sehr gut vorstellen, eines Tages als Journalistin zu arbeiten.“
– Luisa Lieske
Luisa und ihre Kollegen führen Lehrerinterviews, schreiben über ihre Sommerferien, die Legalisierung von Cannabis und über den amerikanischen Präsidenten Donald Trump. „Wir überlegen uns einfach, was unsere Mitschüler interessieren könnte“, sagt Luisa.
Preisgekrönter „Überflieger“
Die Schülerzeitung Lenné Überflieger gibt es seit 2005.
Den ersten Preis gewann die Zeitung 2007. Seither holten sie viermal den ersten Preis im Schülerzeitungs-Landeswettbewerb in Brandenburg, zuletzt 2018.
Wichtig sind den Schülern aber nicht die Preise, sondern die Inhalte und Leser.
Die Umsetzung der Inhalte ist kritisch und originell, dabei setzen die Schüler auf Meinungsvielfalt und Themen, die Leser bewegen.
Viermal pro Schuljahr erscheint eine neue Ausgabe.
Doch so sehr sich die jungen Redakteure auch mit der Auswahl der Themen bemühen, die Lenné-Schüler nehmen den „Überflieger“ nicht so an, wie es sich Luisa wünschen würde. Wenige Schüler kaufen die Zeitung, die einmal im Quartal erscheint. „Ich weiß nicht, woran es liegt“, sagt Luisa. „Die Zeitung ist nicht schlecht, immerhin haben wir in diesem Jahr zum siebten Mal den Preis als beste Schülerzeitung Brandenburgs gewonnen.“ Vier Mal landete der „Überflieger“ auf dem zweiten Platz.
„Jedes Land der Welt hat seinen Reiz“
Der Erfolg ihres kleinen Blattes und der Spaß daran, Zeitung zu machen, spornen Luisa an: Nach der Schule möchte sie mit dem Schreiben weitermachen. „Ich kann mir sehr gut vorstellen, eines Tages als Journalistin zu arbeiten“, sagt sie. Dafür wolle sie aber erst einmal Erfahrungen sammeln, vielleicht ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr machen und vor allem auf Reisen durch die ganze Welt gehen. „Ich merke es an meinen Freunden, dass es sehr bereichernd sein kann, andere Ecken der Erde zu sehen und die dortigen Kulturen kennenzulernen“, sagt Luisa. Vorlieben, wo es hingehen soll, hat sie keine. Im Moment könne sie sich noch nicht entscheiden, sagt sie. „Jedes Land der Welt hat seinen Reiz, aber es sind ja auch noch mindestens zwei Jahre bis dahin.“
Von Annika Jensen