„In Brandenburg ist es nicht so anonym“

Britta Ernst (SPD) ist Landesministerin für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg. Im Interview spricht sie über lange Schulwege, die Unterschiede zu anderen Bundesländern und die Ansätze, wie sie Jugendliche in Brandenburg halten möchte.
 
Frau Ernst, Sie selbst sind in Hamburg zur Schule gegangen. Wie lang war damals ihr Schulweg?
Das dauerte nicht lange. Die Grundschule konnte ich zu Fuß erreichen und die weiterführende Schule am Anfang auch. Später bin ich mit der S-Bahn gefahren und habe etwa eine halbe Stunde gebraucht.

In ländlichen Regionen Brandenburgs brauchen Schüler teilweise eine Stunde für ihren Schulweg. Wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Die Dauer des Schulwegs hängt oft davon ab, wie die Busse getaktet sind. Und die richten sich auch nach den Schülerinnen und Schülern. Generell aber wird man den Unterschied zwischen einem Stadtstaat und einem Flächenbundesland bei Schulwegen nicht vollständig aufheben können.

Was ist für Sie der Unterschied zwischen anderen Bundesländern und Brandenburg, gibt es etwas, dass dieses Land ganz besonders auszeichnet?
In Brandenburg finden wir kleinere Sozialräume, als beispielsweise in Berlin oder Hamburg. Es ist nicht so anonym. Man kennt sich untereinander, hilft sich gegenseitig und gestaltet in Vereinen das tägliche Leben mit. Das sorgt für hohe Lebensqualität.

Was kann man tun, damit wieder mehr junge Menschen in Brandenburg leben wollen?
Wir setzen auf gute Familienpolitik. Zum Beispiel haben wir gerade beschlossen, das letzte Kita-Jahr vor der Schule beitragsfrei zu machen. Wir hoffen, dass sich Familien auch durch Maßnahmen wie diese entschließen, nach Brandenburg zu ziehen.

Was sind die größten Baustellen, die Sie als Ministerin angehen möchten?
Mir sind die Schulen ganz besonders wichtig. Da müssen wir an der Sicherung und Verbesserung der Qualität dran bleiben, denn gute Bildung prägt den Lebensweg jeder Schülerin und jedes Schülers. In der Zukunft soll in den Schulen verstärkt mit digitalen Medien gelernt werden. Die Kinder, die jetzt eingeschult werden, müssen auf eine Arbeitswelt vorbereitet werden, die wir heute noch nicht kennen.
Ein zweites wichtiges Thema ist für mich die Sicherung der dualen Ausbildung, also das Lernen in Betrieben und in der Berufsschule. Auch und gerade in ländlichen Gebieten muss diese Form der Ausbildung gefördert werden.

Wie soll denn die Schule digitaler werden, wenn in manchen Gegenden wegen mangelhafter Netzabdeckung kaum mobiler Zugang zum Internet möglich ist?
Wir haben bei der Netzabdeckung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Inzwischen sind rund 64 Prozent aller Haushalte in Brandenburg gut angeschlossen. Ich bin zuversichtlich, dass wir es in den nächsten zehn Jahren schaffen, vor allem in den Schulen die Digitalisierung flächendeckend einzuführen.

Wie wollen Sie den Unterschied in der Infrastruktur zwischen dem sogenannten Speckgürtel von Berlin und den ländlichen Regionen mindern?
Was die Schulen angeht ist es wichtig, dass überall gleich gut gearbeitet wird. Dafür setzen wir uns ein. Aber es wird immer einen Unterschied geben zwischen großstadtnahen Gebieten und ländlichen Regionen. Viele Menschen mögen sogar genau diesen Unterschied, weil es auf dem Land eben etwas ruhiger ist. In Brandenburg hat sich der große demografische Wandel inzwischen verlangsamt, es ist nicht mehr wie vor 25 Jahren, als überall die Orte schrumpften und viele Schulen geschlossen werden mussten. Ich bin sehr froh, dass wir diese Zeiten überstanden haben.

Von Annika Jensen und Jonas Nayda